Der Vorstoß von adidas und Co, keine Miete für die ihre angemieteten Geschäftsflächen mehr zahlen zu wollen, hat den Großunternehmen nicht nur immensen Image-Schaden verursacht, sondern auch eine Diskussion unter Jurist*innen ausgelöst. Es gibt natürlich immer unterschiedliche juristische Auffassungen, aber zum Punkt, ob Mieter*innen zu einer Mietminderung in diesem Fall berechtigt sind, doch eine ziemlich eindeutige Auslegung in Literatur und Rechtsprechung.

Für etwas Aufsehen gesorgt haben eine Reihe Tweets des Rechtsanwalts Henrik Solf, der öfters als Mitglied des Republikanischen Anwältinnen und Anwältevereins in Erscheinung tritt. Seine darin geäußerte Rechtsauffassung lautet:

„Da Vermieter*innen die Mieträume aktuell [wegen des verordneten Shut-Downs] nicht mehr so zur Verfügung stellen können, dass ihre Mieter*innen in der Lage sind, darin den Vertragszweck umzusetzen, sind diese Räume mangelhaft […]. Wegen dieses mangelhaften Zustands der Mietsache darf die Miete gemindert […] werden.“

Auch der Leipziger Professor Tim Drygala vertritt in einem Beitrag der Legal Tribune Online (LTO) die Ansicht, dass verordnete Betriebsschließungen einen Sachmangel darstellen und somit zur Mietminderung berechtigen.

Dies widerspricht allerdings der herrschenden Meinung zu § 536 BGB „Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln“ in Literatur und Rechtsprechung.

Diese Rechtsauffassung wird auch von BGH VIII ZR 197/14 nicht gestützt, auf die sich manche derzeit berufen. Sie verkennt, dass sich die Einwirkungen von außen auf die Mietsache selbst auswirken müssen, nicht auf den Mieter. Beispielsweise Lärm, wie in der zitierten Entscheidung, wäre eine Einwirkung auf ein fremdes Grundstück (i.S.d Immissionsschutzgesetz). Ein Betriebsverbot – z.B. jetzt wegen „Corona“ – wirkt sich hingegen nicht auf die Mietsache, sondern auf den Mieter aus. Den Unterschied kann man u.a. leicht daran erkennen, dass vom Baustellenlärm sowohl das Lebensmittelgeschäft als auch das Café betroffen wären, vom Betriebsverbot wegen Corona nur das Café. Die Minderung der Nutzbarkeit hängt also von Eigenschaften des Mieters ab, und ist nach ständiger Rechtsprechung deswegen seiner Risikosphäre zuzuordnen.

Hierzu grundlegend mit zahlreichen Nachweisen: Eisenschmid in NZM 2016, 841.

Es gibt noch keine Rechtssprechung zur jetzigen „Corona-Schließung“ und § 536 BGB.

Darum schließen wir uns in jedem Fall der Ansicht an, dass es insbesondere bei Gewerbemietverhältnissen derzeit zu empfehlen ist, Mietzahlungen unter allgemeinen Rückforderungsvorbehalt zu stellen.

Tipp für Gewerbemieter*innen:

Teilen Sie ihrer/m Vermieter*in mit, dass Sie wegen des staatlichen Verbots ihr Ladengeschäft zu öffnen, die Miete vorbehaltlich der Rückforderung bezahlen.

Vielleicht ergibt sich so später die Chance, die Miete für die Zeit, in der Sie Ihre Räume nicht nutzen konnten, zurückzuholen.

Tipp für Vermieter*innen:

Gehen Sie diesem ganzen Ärger aus dem Weg und gehen Sie Ihrerseits auf ihre Gewerbemieter*innen zu, um ihnen proaktiv eine Mietenbrücke anzubieten.

Damit zeigen Sie Verantwortungsbewusstsein und Mitgefühl für Ihre Gewerbemieter*innen, die gerade mit sehr schweren Umständen zu kämpfen haben.

Im Übrigen hat der Sportartikelhersteller adidas sehr schnell zurückgerudert. Nach harscher öffentlicher Kritik will er nun doch seine Mieten bezahlen und entschuldigt sich für sein Vorpreschen. „Die Entscheidung, von Vermieter_innen unserer Läden die Stundung der Miete für April zu verlangen, wurde von vielen von Ihnen als unsolidarisch empfunden“ heißt es in einem offenen Brief des Unternehmens. „Ihre Meinung ist uns wichtig, und Ihre Meinung ist eindeutig: Sie sind von adidas enttäuscht.“

Gehen Sie lieber den solidarischen Weg über eine Mietenbrücke und seien Sie sich der positiven Resonanz sicher.